"Der Platz als Landschaft und Bühne"

Text zum Festspielhausplatz Bregenz
Vorum Fachzeitschrift für Gemeinde- und Regionalentwicklung in Vorarlberg
1.6.2007

Platz des neu gestalteten Festspielhauses in Bregenz

Dreieinhalb Millionen Kubikmeter Sand und Gestein schiebt der Rhein jährlich unweit von Bregenz in den Bodensee. Der See und seine Ufer sind in Bewegung. Nicht nur durch Naturgewalt. Am Festspielhaus haben sich Kies und See, ein Eschenhain und eine „Baumfrau“ um das Festspielhaus neu formiert. Der heute großzügig ausgedehnte Platz mit sandfarbenem Splittbelag und einem umlaufenden Kordon aus 380 Eschen erscheint mehr als Ausläufer einer Seelandschaft als einer betulichen, wenn auch liebenswerten Stadtpromenade. In ihm verschneiden sich heute See und Stadt, Natürlichkeit und Abstraktion. Die sanfte Unwirklichkeit des Platzraums und die Monochromie des Foyers steigern sich mit der Seelandschaft zu einer Bühne für die Bewegungen von Wasser, Licht, Pflanzen und Besucher.
Früher ein definierter und selbstbezogener Platzraum mit einem Springbrunnen als Focus, ist der Platz heute integrales Vorfeld für ein selbstbewusstes Festspielhaus und Bühne für gesellschaftliches Leben.

Der erwartungsvolle Konzertbesucher und der entspannte Flaneur erfahren beim Heraustreten aus den Baumgruppen auf den offenen, freien Platz eine bauplastisch eindrucksvolle Komposition von Baukörpern. Eine solitäre, 7m hohe Bronzeskulptur von Gottfried Bechtold in einer flachen Wassermulde und eine freie Bestuhlung positionieren sich dabei als spannungsvoll gewichteter Mittelgrund. Akzentuierte Öffnungen führen ins Haus und der große Saal bedeutet den finalen Schlusspunkt einer Annäherung.

Offen und sehr hell, kontrastiert er in seiner Intensität und Maßstäblichkeit mit der markanten Komposition des Festspielhauses und prägt über Licht und Schattenspiel die Stimmung in diesem landschaftlichem, parkartigen Raum. Die Beleuchtung des „Symphoniker-Platzes“ bestärkt die sehr eigenständige Atmosphäre. Der Kontrast des tags sehr hellen Platzes und der schattigen Baumgruppen verkehrt sich nachts. Die wesentliche Nachtbeleuchtung geschieht aus den Baumgruppen, die einer abgedunkelten Freifläche gegenüberstehen. Über Bewegungsmelder gesteuert, „reagiert“ der Platz bei regem Fußgängerverkehr mit größerer Helligkeit. Nachts wird er langsam zurückgefahren und bei besonderen Anlässen entsprechend ausgeleuchtet.

Der Zugang von Vogt Landschaftsarchitekten ist in der Regel sehr auf den Ort bezogen. Topos, Geologie, Vegetation sind wichtige Parameter in ihrem Entwurf, der ohne formale Standards zu dieser spezifischen Lösung geführt hat. Daraus ist auch die Materialität des Platzes entstanden. Die für den Bodensee typisch bunten Kiesel unterschiedlichster Herkunft sind durch ein farbloses, leicht honigfarbenes Bindemittel zu einem Farbasphalt gebunden.

Die sehr unentschiedene Architektur des benachbarten Casinos bleibt hinter den dichten Baumgruppen verborgen. Diese natürliche Raumkante setzt sich in den bestehenden mächtigen Platanen zum See fort. Den Platz erlebt man durch seinen Raum und seine Transparenz, welche die Präsenz des Sees und des Festspielhauses steigern.

(mag.arch.) Robert Fabach, Architekt und Architekturjournalist, Architekturbüro „raumhochrosen“ in Bregenz.

Architektur: Dietrich | Untertrifaller Architekten, Bregenz
Freiraumgestaltung: Vogt Landschaftsarchitekten AG, Zürich
Kunstwerke: Gottfried Bechtold, Cerith Wyn Evans
Bauherr: Stadt Bregenz, Land Vorarlberg, Republik Österreich
Ausführung: 2005 – 2006
Weitere Info in der Architekturdatenbank: www.nextroom.at